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Schwarzwurst ist Kult
Ehingen. Früher Arme-Leute-Essen, heute Kult: An der Schwarzwurst scheiden sich die Geister, aber beliebt ist die Öpfinger Schwarzwurst auf der ganzen Welt. Sogar im Himalaya ist sie schon gesichtet worden.

"Die Schwarzwurst isch die reällschte Wurscht, die wos gibt", sagt der Dächinger Metzger Wolfgang Peter. Denn in der Schwarzwurst ist das Fett nicht fein zermahlen, sondern man sieht, was drin ist. Die Größe und Anzahl der weißen Speckwürfel, die sich deutlich gegen das dunklere Blut abzeichnen, kann man in der Schwarzwurst zählen. Der Rest der schwäbischen Wurstsorte sind Schwarten, Gewürze, je nach Bedarf auch ein Schweinskopf. Manchem wird bei der Beschreibung schon flau im Magen. Gestocktes Blut ist nicht jedermanns Sache. Und trotzdem erlebt die Schwarzwurst, die als älteste Wurstsorte der Welt gilt, gerade im Schwäbischen rund um Ehingen ein grandioses Comeback. Man muss diese Wurst aus billigen Zutaten nur richtig würzen, anpreisen und verkaufen.

Meister seines Fachs in Sachen Schwarzwurst ist Franz Weinbuch aus Öpfingen. Schon sein Vater hat im Gasthof "Ochsen" Schwarzwurst hergestellt, aber erst Franz Weinbuch hat daraus eine Kultwurst gemacht. Im Ulmer Zunfthaus hängt ein Paar Öpfinger Schwarzwurst als "Negerle" am Galgen der Schifferplatte, und auch auf dem Münchner Viktualienmarkt kann man sie kaufen. "Die Schwarzwurst ist gesund", sagt Weinbuch. Sie sei reich an Vitamin B und Collagen sowie eisenhaltig. Außerdem ist sie fettreduziert, biegsam und macht jede verrückte Designidee mit. Der ehemalige Finanzamtschef Richard Huber bekam an der Fasnet eine Schwarzwurst-Girlande umgehängt, und Finanzminister Willi Stächele sei schon einmal beleidigt gewesen, weil ihm keine überreicht wurde, weiß Franz Weinbuch. Seitdem hat Stächele ein Schwarzwurst-Abo.

Es spricht für den soliden Charakter der Schwarzwurst, dass sie eigentlich alles mitmacht, was man ihr zumutet. "Wir haben schon Autofelgen damit umwickelt und sie zu Zahlen gebogen", erzählt Weinbuch. Man kann die Wurst aber auch einfach in Ruhe lassen und auf die Bühne hängen. "Dann wird sie hart wie Knochen", sagt Metzger Wolfgang Peter. "Manche Kunden mögen sie hart, manche weich", sagt Renate Weinbuch. "Für den Wurstsalat sollte sie allerdings eher hart sein", weiß Martin Mutschler von der Lauteracher "Krone". Im schwäbischen Wurstsalat darf die Schwarzwurst aus geschmacklichen und optischen Gründen nicht fehlen. Ganze Rädle geben der eher blassen Schinkenwurst den kulinarischen Pfiff. "Zwei Drittel Schinkenwurst und ein Drittel Schwarzwurst" mischt Martin Mutschler.

Die Schwarzwurst war nicht immer beliebt. Bei den Hausschlachtungen hätten "die Leut das doppelte an Leberwurst wollen wie Schwarzwurst", sagt Peter. Aber als Metzger sei man flexibel gewesen. "Wenn die Leut viel wollen, hat man mehr nei". Die Schwarzwurst hat viele Verwandte. In Schlesien heißt sie beispielsweise Grützwurst. Wer sich ausreichend informieren will, schaut bei der französischen "Bruderschaft der Ritter der Schwarzwurst" vorbei. Diese Ritter nehmen es mit den Blutwürsten sehr ernst, und Franz Weinbuch hat seine Schwarzwurst auch schon von den Franzosen prämieren lassen.

Weinbuchs sammeln Fotos und Dankesschreiben zur Schwarzwurst. Auf einem Gipfelfoto im Himalaya hält ein Fan die Wurst in die Kamera. Es gibt in Öpfingen sogar ein Schwarzwurstlied, eine Art Betriebshymne, die die Dauerwurst in mehreren Strophen preist. Aber nicht alle sind in Sachen Schwarzwurst hartgesotten. Vielen, die sie früher gerne gegessen haben, sei der Appetit vergangen, als sie gesehen hätten, dass die Grundsubstanz warmes Schweineblut ist, berichtet Wolfgang Peter. Aber Blut schmecke auch nicht anders als Milch, behauptet er und fügt als Beweis eine Frage hinzu. "Haben Sie sich noch nie in den Finger geschnitten?" Freilich, das eigene Blut leckt man schnell mal ab, aber der Gedanke an Milch ist dabei so fern wie der Gedanke an Schwarzwurst. Ob die Schwarzwurst zur Leidenschaft wird, bringt der ehemalige Hausschlachter auf eine einfache Formel: "Wenns die Alte essen, dann mögens au de Junge", sagt er. Nun gibt es statistisch immer mehr Alte. Dem weiteren Siegeszug der schwarzen Wurst steht also nichts entgegen.


www.swp.de
Autor: CHRISTINA KIRSCH
 
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