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Für den Schlachthof ging's um die Wurst

Aachen. Es ist ein Knochenjob: In frühester Morgenstunde steht Josef Quadflieg im Blut. Das Messer in der rechten Hand, vor dem Bauch die schützende Metallgeflechtschürze.

Mehrere Dutzend Rinder schlachtet der 42-Jährige heute in Eschweiler - eigentlich kein Grund für ausufernde Freude. Quadflieg strahlt trotzdem: Als Mitglied des dreiköpfigen Genossenschafts-Vorstands der FVE-Fleischversorgung verhinderte er mit seinen Mitstreitern - von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt - ein drohendes Desaster.

Denn nicht wenige Kenner der hiesigen Fleischbranche sahen den Eschweiler Schlachthof vor dem Aus. So wie 2002, als der Schlachtbetrieb in Aachen nach mehr als hundert Jahren eingestellt wurde. Zu hoch der Kostendruck, zu aufwändig die immer neuen Vorgaben der Europäischen Union, zu kostspielig die erforderliche Generalsanierung.

Die Folgen der Eschweiler Schlachthofschließung hätten wohl auch vielen Verbrauchern nicht geschmeckt. «Weit und breit gibt es keinen weiteren Schlachthof mehr, in dem die hier aufgezogenen Tiere aus dem Eifeler und Heinsberger Raum für die Fleischereien vor Ort geschlachtet werden», erklärt Quadfliegs Vorstandskollege Klaus Philippi.

Will sagen: Ohne den Eschweiler Schlachtbetrieb würden nicht nur die Transportwege eines Grillsteaks, sondern vor allem der letzte Weg lebender Rinder, Kälber und Schweine erheblich länger. Nicht nur in Eschweiler, auch in Aachen und Umgebung. Knapp 100 Fleischereien sind auf den Schlachthof angewiesen.

«Ein Ausweichen auf weiter entfernte Standorte wäre mit schonender Schlachtung einfach nicht vereinbar», sagt Quadflieg. Viermal «D» ist Pflicht: Geburt, Aufzucht, Schlachtung und Zerlegung in Deutschland muss der Herkunftsnachweis garantieren.

Massentierhaltung und Fließbandtötungen im Akkord sind für die Genossenschaft tabu. «Sonst könnten wir nicht die beste Fleischqualität garantieren, die uns und unsere Kunden ja schließlich neben den gigantischen Fleischfabriken am Leben erhalten soll», betont Philippi.

Außerdem geht es allein schon im FVE-Schlachtbetrieb um dutzende Jobs. 25 Fleischer und Schlachter sowie vier Veterinäre leben unmittelbar davon.

Also wird weiter investiert: Nächstes Jahr ist der Boden der Schlachthalle fällig. Rund 100.000 Euro wird die Modernisierung kosten - macht 7,50 Euro auf jedes Tier, das hier in einem Jahr verarbeitet wird.

Aber auf Billig-Arbeitskräfte will man auch in Zukunft verzichten: «Hier ist jeder Meister seines Fachs», sagt Quadflieg. «Sonst können wir dem Kunden den Unterschied nicht schmackhaft machen.»

Auch Eschweilers Bürgermeister Rudi Bertram hat sich für den Erhalt des Schlachthofs stark gemacht: «Ich weiß, wie bedeutsam der Betrieb über die Stadtgrenzen hinaus ist.»

Aachens Obermeister der Fleischer-Innung, Wolfgang Flachs, ist erleichtert: «Es gibt in Deutschland Massentierhaltungen mit mehr als 160.000 Schweinen auf einem haufen. Es gibt Schlachtbetriebe, die töten 1400 Schweine pro Stunde», erklärt er.

«Es mag auf den ersten Blick verwirrend wirken, wenn wir Metzger uns gegen sowas streuben und uns zum Tierwohl bekennen - aber ein Wegfall der regionalen Fleischversorgung wäre in vielfacher Hinsicht absolut dramatisch.»

Und dies nicht nur, weil zwei Dutzend Aachener Fleischer dieses Jahr das 125-jährige Bestehen ihrer Innung feiern. Auch weil Rind & Co. aus Eifel und Heinsberg fernab des Schlachtbetriebs für Durchblick sorgen: Alle 14 Tage liefert Eschweiler Rinder- und Schweineaugen ab: Für Forschungszwecke an der Augenklinik der RWTH.

Quelle: www.az-web.de
Von Robert Esser

 
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